Verletzlichkeit – Wenn Männer ihren Gefühlen begegnen (On tour) · Folge 28

Shownotes

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Der eigenen Verletzlichkeit zu begegnen kann im ersten Moment mehr aus der Bahn werfen, als die Krebsdiagnose selbst. Sie ermöglicht aber persönliches Wachstum über die Krankheitsbewältigung hinaus.

In dieser Folge berichten Carsten Witte (Cancer Survivor, Psychoonkologe), Harald Gruber (Kunsttherapeut, Hochschullehrer), Fritz Stiefel (Arzt, Psychosomatik) und Imad Maatouk (Internist, Psychoonkologe) darüber, wie Männer mit Krebs ihre Gefühle offen zeigen. Es geht darum, nicht nur Hilfe zuzulassen, sondern auch neue Wege im Umgang mit Ängsten, Scham und Trauer zu finden. Und warum Gemeinschaft, Offenheit und kreative Ansätze in der Psychoonkologie so wichtig sind.

Aufgezeichnet Ende September 2025.

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Host, Redaktion, Produktion: Alexander Greiner; Sound Design: Happy House Media, Asta Krejci-Sebesta, Tatjana Lukáš; Musik/Signation: Cool My Bass – BalloonPlanet; Musikbett: HUAN - Brainstorm; Clip: GRENZLAND – Trailer, Junges Theater Freiburg, Schnitt: Marc Doradzillo, YouTube, 11.10.2019; Titelsprecher: Stephan Andrejs; Cover: Studio Mana, Romana Reisenberger; Foto: Franzi Kreis

Gefördert durch die Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien. Realisiert in redaktioneller Unabhängigkeit.

Die Inhalte dieses Podcasts ersetzen keine ärztliche Beratung oder Behandlung. Sie geben persönliche Erfahrungen von Betroffenen wieder und sollen zum Nachdenken anregen, Orientierung bieten und Gespräche ermöglichen. Kläre gesundheitliche Fragen immer mit deinem ärztlichen Team.

Impressum

Transkript anzeigen

00:00:00: Ein Jahr Männerkrebs.

00:00:02: Im November, ist die erste Folge erschienen und seither habe ich mit vielen Männern gesprochen, die gelernt haben, mit ihrer Diagnose zu leben.

00:00:12: Mit all den Brüchen, Ängsten, aber auch mit neuen Perspektiven auf sich selbst, auf das Leben, auf Männlichkeit.

00:00:19: In dieser Folge geht es um etwas, das uns dabei oft schwerfällt.

00:00:24: Verletzlichkeit.

00:00:25: Was passiert, wenn wir sie zulassen?

00:00:27: Wenn Männer beginnen, über Emotionen zu sprechen, über Angst, Trauer, Scham, Schuld?

00:00:34: Und wie können professionelle Unterstützungsangebote helfen, diesen Weg zu beschreiten?

00:01:02: Ich nehme dich in dieser Folge mit ins Rudolf-Wirchhoff-Zentrum.

00:01:06: Das ist das Center for Integrative and Translational Bioimaging am Gelände des Universitätslinikums Würzburg.

00:01:15: Bei der Jahrestagung der PSO, das ist die Arbeitsgemeinschaft für Psycho-Onkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft, habe ich im September mit Menschen gesprochen, die Männer wie dich auf ihrem Weg durch die Krankheit begleiten.

00:01:30: Einer von ihnen ist Karsten Witte.

00:01:33: Du hast ihn bereits in der Folge XXVI zu Humor und Krebs gehört.

00:01:37: Hier ein anderer Gesprächsteil.

00:01:40: Karsten hatte Anfang XX Knochenkrebs.

00:01:43: Heute, vierzehn Jahre später, arbeitete er als Psycho-Onkologe in Freiburg.

00:01:48: Wie dieser Wandel vom Zeitsoldaten zum Begleiter für Krebspatienten gelangt und warum?

00:01:54: er sagt, der Weg führe nur durch die Emotionen nicht darin vorbei.

00:01:59: Davon erzählt er selbst.

00:02:00: Ich bin Carsten, ich wohne in Freiburg in Deutschland und bin selber Cancer-Surviver, sagt man in der Wissenschaft.

00:02:08: Ich hatte vor vierzehn Jahren meine Diagnose mit einem Knochenkrebs, später noch Lungmeterstasen, seit zwei Jahren wieder kripsfrei und habe einen Zuge der ganzen Erkrankung.

00:02:17: Mein Leben leicht umgekrempelt und bin jetzt Psycho-Onkologe und Beratungbegleiter krips-Patienten.

00:02:24: Primae in Freiburg im Zentrum für Strahlentherapie.

00:02:27: Das würde ich mir jetzt nicht als erstes ausdenken, wenn ich ein Kripserkrank bin, dass ich nachher am Psycho-Ungloge wäre und werde und dann wieder die ganze Zeit nur mit Krips zu tun haben.

00:02:36: Wie kam es dazu?

00:02:37: Ich war vorher Zeitsoldat oder während meiner Zeitsoldat Zeit habe ich die Erkrankung bekommen oder die Diagnose.

00:02:43: Und dann bin ich zurück in die Kaserne und habe gemerkt, das mache ich ja eigentlich.

00:02:47: Das Ganze hat gar nichts mit mir zu tun.

00:02:49: Alles ist hier nur so strukturiert, keine Kreativität, nichts.

00:02:54: Und das Gute in Deutschland ist wirklich, dass man auch ... Zeit und Ressourcen kriegt, um sich nach dieser achtjährigen Zeit weiterzuentwickeln.

00:03:01: Und dann dachte ich, jetzt mache ich erstmal Abitur und schau, was mir begegnet.

00:03:04: Und dann kam dieser Wunsch immer mehr auf.

00:03:06: Ich möchte Menschen unterstützen, dass sie sich selbst helfen können.

00:03:11: Prima mit Lebensstilfaktoren, Ernährung, Bewegung, Sport, Psyche, Soziales, solche Dinge.

00:03:16: Und in Freiburg gibt es Gesundheitspädagogik als Studiengang.

00:03:19: Und dann habe ich das gemacht und bin natürlich durch mein Ehrenamt, durch die Erkrankung reingerutscht.

00:03:24: Menschen in einem Leid zu unterstützen und Krebs ist ein Leid, erst einmal.

00:03:30: Und zu schauen, wie können sie damit umgehen und sie da zu unterstützen, dass sie mich da in diesen Raum reinlassen, wo ganz viele Ressourcen und Werkzeuge schon da sind.

00:03:37: Das erfüllt mich sehr und da zeigt sich, dass Beruf von Berufung kommt.

00:03:42: Jetzt mit deiner aktuellen mittlerweile Expertise als Psycho-Onkologe, wie blickst du auf deine eigene Erkrankungserfahrung zurück?

00:03:50: Dass ich für vieles damals nicht bereit war.

00:03:52: Ich hab stationär die Psycho-Onkologen wieder nach Hause geschickt, weil ich das Gefühl hätte, ich könnte Entspannungstechniken besser vermitteln als sie.

00:03:59: Also ist ja kein One-Way, ne?

00:04:01: Ich habe auch meinen Vortrag gesagt, einerseits müssen die Strukturen besser werden, andererseits müssen wir die Menschen auch dort abholen, wo sie stehen.

00:04:07: Und einerseits habe ich mich nicht abgeholt gefühlt und andererseits war ich einfach nicht bereit dafür.

00:04:11: Mache ich schon alleine.

00:04:13: Hätte ich damals schon diese Emotionen und die Psyche mit reingelassen in diesen ganzen Komplex der Krankheitsbewältigung, würde ich jetzt nicht dastehen, wo ich bin.

00:04:21: Das konnte ich nicht zulassen.

00:04:22: Und später habe ich gemerkt, diese Überlebensstrategie, die kann ich so ein bisschen wegschieben, weil ich werde immer sicherer, Die erste Diagnose ist länger her, ich habe keine Metastarrasen in dem Fall.

00:04:34: Jetzt widme ich mich doch mal dieser Psyche und habe mich dann rangewagt an die Emotionen, die ich ganz lange verdrängt habe und dann gemerkt, schade, hätte es damals irgendwer geschafft oder wäre ich bereit gewesen, da rein zu gucken, dann hätte das alles schon viel früher begonnen.

00:04:49: Aber

00:04:49: es hat dann leider nicht.

00:04:52: Glaubst du, dass das wirklich nur die Zeit war?

00:04:54: Glaubst du auch noch andere Impulse?

00:04:56: Wo du sagst, okay, deswegen hast du dich später dann doch damit beschäftigt.

00:05:00: Ist immer alles multifaktoriell.

00:05:02: Ich hab Menschen getroffen, durch den Verein, jungen Krebs, die ich nicht gegründet habe.

00:05:08: Man wird auch älter, man wird auch weiser, das muss man ja schon sagen.

00:05:11: Wir sind ja jetzt Ü-Dreißig und Ü-Fürzig vielleicht.

00:05:14: Das ist, man blickt anders aufs Leben und weißt du, das Leben ist nicht nur schnell durch Russian, sondern wie fülle ich dieses Leben auch mit Sinn, mit Freude.

00:05:24: Und dann gemerkt, Ich glaube, ich muss da hingucken, weil dann kann ich das Gegenteil auch nicht empfinden.

00:05:29: Das heißt, wenn ich nicht trauern kann, kann ich auch keine tiefe Freude empfinden.

00:05:32: Also muss ich durch die Trauer durch, zum Beispiel, durch den Verlust meiner groben Möglichkeiten, wie ich meinen linken Arm bedienen kann.

00:05:41: Dadurch, dass das Kinderkriegen erschwert ist und solche Dinge, da muss man durch.

00:05:46: Und dann vielleicht auf der anderen Seite merken, dass ich einen Zugewinnen habe, einen Krankheitsgewinn.

00:05:51: Also,

00:05:52: ja.

00:05:52: Und da hat mir meine Therapie geholfen, die ich dann selber gemacht habe, meine Selbsterfahrungen in der Psychoankologie und so weiter.

00:05:59: Ja, da ist noch mehr als nur zu überleben, nämlich Leben.

00:06:03: Wenn Männer beginnen, sich mit der eigenen Psyche zu beschäftigen, stoßen sie oft auf etwas, das meist verborgen wird.

00:06:11: Charme.

00:06:12: Scham darüber Hilfe anzunehmen, Scham über körperliche Veränderungen und manchmal auch Scham davor, sich selbst zu zeigen.

00:06:21: Mit all dem, was gerade nicht mehr unter Anführungszeichen funktioniert.

00:06:26: Kasten erzählt, wie schwer es ihm anfangs viel Emotionen zuzulassen, weil Stärke so tief mit Kontrolle verknüpft war.

00:06:33: Doch genau dort beginnt oft der Wendepunkt, wenn es gelingt, das eigene Erleben nicht länger zu bewerten, sondern anzuschauen.

00:06:42: Ein anderer Zugang dazu kann Kreativität sein.

00:06:45: Sie kann Türen öffnen, wo Worte fehlen.

00:06:48: Wie das funktioniert und warum gerade Männer davon profitieren können, habe ich mit Harald Grober besprochen.

00:06:54: Er ist Kunst-Therapeut und Hochschullehrer an der Alanos Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter-Berbon.

00:07:02: Es hat viel mit den eigenen Erfahrungen zu tun.

00:07:06: traue ich mir Kreativität selbst zu oder erlebe ich mich als kreativ?

00:07:10: und wie ist das jetzt in meinem krank sein?

00:07:13: also ist das jetzt etwas was mich interessiert vielleicht gerade weil mir

00:07:17: andere Dinge

00:07:17: nicht mehr zugänglich sind weil ich vielleicht mehr zu

00:07:19: hause sein will

00:07:20: muss?

00:07:21: und wie komme ich da wieder zu dem punkt mir selbst die frage zu stellen vielleicht auch was bedeutet für mich kreativität überhaupt und wie kann ich das für mich nutzen?

00:07:29: und das ist für viele menschen tatsächlich eine wird man sagen eine Herausforderung, wo es nicht seltene Brücke baut, braucht, um nach den schulischen Erfahrungen eine andere Erfahrung zu machen, die auch kreativ sein

00:07:41: kann.

00:07:41: Sie haben auch von einer Anekdote erzählt, dass eine Patientin sagt, was ist wenig, nur einen Strichmale.

00:07:49: Und das dann trotzdem zu tun, das hat ja auch einen sehr offenen und vielleicht sogar humorvollen Umgang mit der ganzen Sache.

00:07:56: Wie sehen Sie das?

00:07:57: Ja, also ... Nicht selten haben Menschen eben die Erfahrung, eine schulische Erfahrung gemacht zu sagen, ich kann das nicht.

00:08:04: Meine Maus sieht aus wie ein Pferd, mein Pferd sieht aus wie ein anderes Tier.

00:08:09: Und diese Schulerfahrung ist letztlich häufig sehr prägend im Sinne von, das kann nicht ich, das können andere.

00:08:15: Und deswegen das Gefühl von, und wenn ich dann nur einen Strich malen kann, das kann doch nicht sein.

00:08:22: Da in anderem Blick drauf zu nehmen, zu sagen, ja, ich habe etwas ausgedrückt und wie erlebe ich das?

00:08:26: denn, was ich eigentlich ausgedrückt habe, ist ein völlig anderer Zugang zu Kreativität, als wir es in der Regel in den Schulen erfahren haben.

00:08:33: Weil es immer etwas mit dort in der Regel in der Schule mit Leistung zu tun hat, mit Ergebnis zu tun hat und das meine ich nicht.

00:08:42: Aber ich muss mich jetzt erst einmal darauf einlassen und dort für diesen Prozess auch öffnen.

00:08:46: Das kann ja eine große Übung sein, oder?

00:08:48: Ja, und das ist ja dann schon ein Stück ein Tarpeutscher Raum zu sagen.

00:08:52: Da ist ein Vertrauen da, da geht es nicht darum, etwas leisten zu müssen, da geht es nicht darum, mich blamieren zu können.

00:08:58: Es hat oft auch was

00:08:59: mit Scham zu

00:08:59: tun.

00:09:00: Also Scham

00:09:01: im Sinne von, das können die anderen, aber ich nicht, bin nicht gut genug.

00:09:04: Und das ist hier wieder eng assoziiert, nicht selten auch mit der Krankheitserfahrung.

00:09:08: Die anderen sind gesund und ich bin krank.

00:09:10: Und wie kann ich das eigentlich voneinander trennen, zu sagen?

00:09:13: Das

00:09:14: kann nicht krank sein, wenn ich mich frei ausdrücke, sondern es bin dann ich in dem Moment, um das wertfrei zu machen.

00:09:20: Das ist dann letztlich schon eine Aufgabe von Therapie

00:09:24: zu sagen, du bist

00:09:24: hier in einem geschützten Raum und es geht nicht darum, dass du dich plammierst, sondern dass du etwas für dich nutzt.

00:09:30: Und diese Herausforderung ist alleine in der Regel nicht ganz einfach.

00:09:34: Also Ihre Erfahrung gesprochen, welche Therapieform, welche Kunstform, welche Kreativitätsform funktioniert für Männer besonders

00:09:41: gut?

00:09:42: Ich würde

00:09:43: das gar nicht kategorisieren wollen.

00:09:47: Das hat ja häufig auch mit einer inneren Bereitschaft zu tun.

00:09:50: Ich habe viele Männer erlebt, die sehr in dem Gestaltenden, also in dem bildnerischen Tun, so wie wir das nennen, im Malen, im Plastizieren einen Zugang für sich

00:09:59: gefunden haben, weil es so

00:10:00: greifbar ist.

00:10:02: Manchmal haben Männer eher Sorge, wenn sie ihren Körper einsetzen müssen, also eine Tanztapie zum Beispiel zu gehen, weil das, dieses sich zeigen körperlichen, häufig sehr ungewohntes.

00:10:14: Wobei

00:10:14: auch da muss man sagen, das sind Generationenunterschiede.

00:10:17: Das sind jüngere Generationen heute sehr viel freier im Umgang, damit die ältere Generationen, also insofern würde ich es nicht nach Geschlechtern trennen,

00:10:24: sondern auch nach Alter

00:10:25: trennen, nach Erfahrungsräumen

00:10:26: trennen.

00:10:27: Also ich würde gar nicht so sagen,

00:10:28: es ist

00:10:29: so oder so, sondern ... Ich glaube, es kommt sehr auf denjenigen an, worauf er sich im Einlassen kann.

00:10:35: Für diesen Podcast bitte ich Mitgliedschaften an.

00:10:38: Zu jeder neuen Folge erhältst du einen Newsletter mit den Lessons learned und dem, was bei Krebs hilft.

00:10:44: Deine Mitgliedschaft wiederum hilft mir, an diesem Podcast zu arbeiten.

00:10:49: Mehr dazu auf alexandergreiner.com.

00:10:53: Harald Gruber beschreibt, wie künstlerisches Arbeiten Zugänge öffnen kann, die nicht nur Mahl- und Zeichenwerkzeuge oder die eigene Hände, sondern den ganzen Körper integrieren, etwa in der Tanztherapie.

00:11:06: Ein Beispiel dafür hat Carsten Selbsterlebt.

00:11:09: Er war von Juni bis Dezember, dass am jungen Theater Freiburg unter der Leitung der beiden Choreograph-Innen Monica Gillette und Gary Joplin in Kooperation mit seinem Verein Jung und Krebs realisiert wurde.

00:11:29: Ich würde mich für

00:11:30: eine Welt

00:11:30: entscheiden,

00:11:31: auf der es Gesundheit und Krankheit eigentlich nicht gibt.

00:11:35: Ich sehe das Grenzland als

00:11:37: etwas sehr Durchlässiges

00:11:39: an.

00:11:41: Krebs ist

00:11:41: so ein bisschen wie der

00:11:43: gerechtfertigte Mann, der gerechtfertigte Feind.

00:11:49: Darth Vader und Voldemort.

00:11:55: Die Arbeit zeigt, ich zitiere aus der Projektbeschreibung, eine Gruppe Männer unterschiedlichen Alters, das Grenzland zwischen Gesundheit und Krankheit, zwischen Bangen und Hoffen, zwischen Alltag und Außenheimestituation erleben.

00:12:10: Karsten Witte.

00:12:11: Eine Dimension sind die Betroffene selbst.

00:12:12: Stellt dir vor, es kommen achtzehn Männer zusammen, die sich größtenteils nicht kannten.

00:12:18: immer noch Männer sind, vielleicht auch ein, das haben wir später herausgestellt, auch noch ein Bild von Männern haben, von der früheren Generation, Nachkriegsgeneration vielleicht, die auf Härte, Maskulinität, was auch immer das bedeutet, getrimmt worden ist.

00:12:31: Und bei diesem Theater ging es darum, Nähe zuzulassen, Bewegung zuzulassen, körperliche Nähe

00:12:37: auch,

00:12:38: die ja auch vermittelt, hey, ich bin nicht allein, aber ich kann mich an einen genauer erinnern.

00:12:43: Ein guter Freund von mir, wirklich.

00:12:44: Ein großer, einst neunzig tätowierter

00:12:47: Assi

00:12:47: würde sich selber behaupten, dass er so ist.

00:12:49: Der fass mich bloß nicht an, wirklich so in diese Richtung.

00:12:53: Und wir haben immer Aufwärmübungen gemacht, wo es darum geht, unseren Körper warm zu kriegen.

00:12:57: Nicht nur für uns selber, sondern auch gegenseitig.

00:12:59: Und ein halbes Jahr später, kannst du mich da noch ein bisschen massieren?

00:13:07: Wir sind alleine gekommen, wir sind ein riesiges Rudel geworden, ohne dass es jetzt ein Alphawölfchen gab.

00:13:12: Und diese Beziehung, Verbindung, Gemeinschaft, das ist ein Grundbedürfnis, sich verbunden zu fühlen, eine Zugehörigkeit zu haben.

00:13:22: Und dann sind andere Themen aufgekommen, nämlich dieses Männlichkeitsthema.

00:13:25: Was bedeutet es, Mann zu sein?

00:13:27: Da haben wir gar nicht mehr über ein Krebs gesprochen, das haben wir schon irgendwie hingekriegt, sondern es ging darum, wer wollen wir in unserer Männlichkeit sein?

00:13:32: Und es gibt nur toxische Männlichkeit.

00:13:34: Es gibt keine positive Männlichkeit.

00:13:36: Weil positive Männlichkeit ist Weiblichkeit.

00:13:40: Es gibt keine, der ist ein guter Mann, weil er kann Weiche zeigen, er kann fürsorglich sein, er ist hinteran erst mal weibliche Attribute.

00:13:47: Es gibt keinen Gegenteil von toxischer Männlichkeit.

00:13:49: Auch sehr spannend.

00:13:51: Und das war eine riesige Reise.

00:13:52: Die Shows, die waren hervorragend, weil es dann auch mal ein Publikumsgespräch gab.

00:13:56: Und nicht darum, wie fandet ihr die Show, sondern was hatte ich berührt?

00:14:00: Was nimmst du jetzt mit nach Hause?

00:14:02: Welchen Perspektivwechsel vielleicht?

00:14:04: Das ist so die Ebene derjenigen, die dort drinnen waren.

00:14:07: Dann eben die Gesellschaft, die Leute kamen hin.

00:14:09: und haben sich das erst mal angeschaut.

00:14:10: Wir hatten die Angst erst

00:14:11: mal, oh,

00:14:12: werden wir da angeschaut, die Krebskranken tanzen also ein bisschen rum, aber das Publikum saß ein halben Meter von der Bühne entfernt.

00:14:20: So wie wir jetzt gerade keinen Dreißig Zentimeter zwischen uns haben, die waren quasi mittendrinne.

00:14:25: Und beim Frauenstück saßen die mittendrinne auf der Bühne.

00:14:29: Und diese Nähe hat, glaube ich, gezeigt, dass wir durch Kunst und Kultur einen niederschwächeligen Eintritt schaffen in solche schweren Themen wie Krebs.

00:14:37: Und das nehme ich auch mit von dieser PSU Teilung.

00:14:39: Wie schaffen wir es mit Kunst, dass wir uns mit dieser Erkrankung beschäftigen?

00:14:43: Und diese Mischung, die will ich auch weiter vorantragen.

00:14:47: Und drittens, ich glaube, Männer haben gesehen, die sich das vielleicht nur angeschaut haben oder mal gehört haben, dass wir da getanzt haben, dieses Projekt haben, was auch wissenschaftlich evaluiert wurde und die Lebensqualität definitiv gestiegen ist und der Stress runter und so weiter.

00:15:03: dass es nicht nur die Sprache gibt, dass es nichts mit Weichheit zu tun hat oder mit Schwäche, was wir geheult haben während den Probenprozesses.

00:15:13: Lautheils, weil irgendwie einen Kanal wir getroffen haben, durch den Körper etwas loszulassen.

00:15:21: Und da ist nicht nur das Ansprechen einer Behandlung, Heilung, sondern auch auf einer gewissen, lasseselische, geistige Ebene sein, wie auch immer.

00:15:30: Es ist ein wahnsinnig komplexer Prozess.

00:15:32: Und das alles, das war die beste Zeit für mich in meinem Leben, wo ich mir am nächsten war, dieses Tancteaterprojekt.

00:15:38: Harald Gruber hat in seinem Vortrag auf der PSO Jahrestagung ein ähnliches Beispiel eines siebenvierzigjährigen Patienten gebracht.

00:15:46: Das zeigt, wie stark solche Prozesse auch innerlich wirken können.

00:15:51: Die kreative Arbeit als eine Form der Selbstbegegnung.

00:15:55: Grober dazu, wie man mit der Angst umgehen kann, sich in so einem Moment tatsächlich selbst zu begegnen.

00:16:02: In der Regel sind wir es ja nicht gewohnt, auch wieder über schulische oder sonstige Erfahrungen, dass das, was wir tun, immer auch ein Ausdruck von uns selbst ist.

00:16:11: Also uns auch ein Stück weit spiegelt, wie wir sprechen, wie wir handeln, wie wir bestimmte Erfahrungen machen.

00:16:16: Und dafür braucht es in der Regel schon, nicht selten zumindest, eine Art Schutzraum.

00:16:21: Dass das, was da passiert, nicht schlimm ist, dass es passieren darf und dass es in der Regel auch was Neues ist.

00:16:28: Und sich auf was Neues einzulassen, hat in der Regel schon auch mit einer auch inneren

00:16:33: Herausforderung

00:16:34: zu tun.

00:16:35: Und dafür braucht es nicht selten ein therapeutischer Raum.

00:16:37: Das heißt aber nicht, dass Menschen nicht auch völlig frei kreativ tätig sein können und darin für sich ganz viel erfahren

00:16:43: können,

00:16:44: was aber nicht in dem Sinne dann, sagen wir mal, bewusstseinsmäßig reflektiert sein

00:16:47: müssen.

00:16:48: um es vielleicht noch ein bisschen konkreter zu machen.

00:16:51: Wie sieht der aus?

00:16:52: Wie kann ich mir vorstellen, diesen therapeutischen

00:16:54: Raum?

00:16:56: Naja, dass da jemand ist, so in dem Falle wie ich oder natürlich viele andere auch, die eine Einschätzung davon haben können, was passiert, wenn jemand sich kreativ äußert und das nicht kennt.

00:17:08: Also sozusagen, in welche Erfahrung schicke ich jemanden eigentlich und wie kann ich ihn halten?

00:17:12: sodass er sich nicht sofort selbst überfordert mit Leistungsansprüchen, mit Erlebnissen, zum Beispiel in Menschen malen, kann es durchaus sein, dass sie durch das Erleben von Farbe oder von Musik

00:17:22: in

00:17:22: eine starke

00:17:23: innere Berührung kommen

00:17:24: und anfangen zu weinen.

00:17:26: Und das

00:17:26: kann eine Angstreaktion

00:17:27: auslösen, im Sinne von um Gottes wehen, was passiert da bei mir.

00:17:30: Oder es kann ein Moment sein, eben der Selbstbegegnung, wo man spürt, er hat das darf jetzt sein.

00:17:35: Die Emotion darf mir begegnen und es ist gut so, dass ich sie wahrnehme, dass ich sie auch zeige und dafür braucht es nicht selten bisschen Schutz, damit man davor nicht zurückschweckt.

00:17:45: Was Harald Gruber beschreibt, die Begegnung mit den eigenen Emotionen und Grenzen kann auch für Menschen in helfenden Berufen herausfordernd sein.

00:17:53: Fritz Stiefel, er ist Leiter des psychosomatischen Dienstes am Universitätsspital Lausanne in der Schweiz, beschäftigt sich intensiv mit dieser Seite des Arztseins.

00:18:04: Du kennst ihn vielleicht ebenfalls schon aus der Folge XXV.

00:18:08: Mit diesem Gesprächsausschnitt spricht er von einer Gemeinschaft der Verletzlichkeit.

00:18:14: Eine Haltung, die Patientinnen und Ärztinnen auf einer tieferen Ebene miteinander verbinden könnte.

00:18:20: Ja, und da haben wir sehr viel gemeinsam mit unseren Patienten, dass wir eigentlich auch fragil sind.

00:18:25: Wir haben auch unsere Verletzlichkeiten.

00:18:27: Wir arbeiten in einem Gebiet unter großen Spannungen.

00:18:30: Wir erleben Dinge, die wir als erstes schwierig absorbieren können.

00:18:35: Und wir sind alle im selben Boot.

00:18:38: Und deswegen sollten wir eigentlich zu einer Gemeinschaft der Verletzlichkeit finden.

00:18:43: Zusammen, das macht uns stärker.

00:18:48: Wie glauben Sie, wäre das möglich für die Gemeinschaft der Verlässlichkeit?

00:18:52: Ja, ich denke, ein Ansatz ist tatsächlich, dass wir... Der erste Schritt ist einmal nur schon sich zugestehen, dass man nicht unfällbar

00:19:01: ist,

00:19:02: dass man als Arzt nicht alles kann, dass gewisse Grenzen da sind.

00:19:05: Also ich denke, das ist der erste Schritt.

00:19:07: Wir sind in Losan.

00:19:08: Denke ich, sind wir daran, auf diesem Ärztebild ein bisschen zu arbeiten.

00:19:12: Also wir sind weit

00:19:13: davon entfernt.

00:19:15: Nach wie vor herrscht so der Gedanke, die Patientin ist verletzlich und die Ärzte sind allmächtig.

00:19:20: Das ist völliger Wahnsinn.

00:19:22: Aber das Ärzte ist ein bisschen an diesem Arztbild

00:19:25: zu arbeiten.

00:19:26: Und ich glaube, die Patienten werden durchaus offen dafür.

00:19:29: Im Gegenseit, sie sehen das

00:19:30: zum Teil

00:19:31: auch.

00:19:31: Es ist ja nicht so, dass die Patienten blind sind gegenüber.

00:19:35: Die merken, wo die schwäche Stellen der Erste sind.

00:19:39: Also es ist nichts Neues.

00:19:40: Im Prinzip, was neu wäre, ist eigentlich lediglich, das ein bisschen zu verbalisieren, zu reflektieren und mit dem zu leben.

00:19:52: Ganze wäre das auch im Arzt-Patientengespräch möglich?

00:19:55: Absolut.

00:19:55: Also ich denke, da hätte es Platz auch für sehr viel.

00:19:59: Also

00:20:01: ich denke, da hätte es

00:20:02: auch Platz für

00:20:02: ein bisschen für den Arzt ab und zu.

00:20:05: in seinen Unzulänglichkeiten, in seinen Unsicherheiten.

00:20:09: Also ich glaube, es würde wahrscheinlich ein bisschen gekratzt

00:20:14: am

00:20:14: klassischen Ärztebild, aber was der Gewinn wäre, ist in der Beziehung zwischen Arzt und Patient, würde man wahrscheinlich sehr viel gewinnen.

00:20:22: Weil das sehr verbinden ist, dass man eben gewisse Gemeinsamkeiten hat, über die man sprechen kann und mit denen man zusammen arbeiten kann.

00:20:32: Zur eigenen Verletzlichkeit zu stehen bedeutet auch, sich Unterstützung zu holen, gerade dann, wenn die Belastung erschöpfend wird oder schon ist.

00:20:41: Wie das gelingen kann und was Männern hilft, diesen Schritt zu gehen, Darüber habe ich mit Imad Matuk gesprochen.

00:20:49: Er ist Internist, Psychosomatiker und Psycho-Onkologe, leitet den Lehrstuhl für integrierte psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätslinikum Würzburg und er war Gastgeber der diesjährigen PSO Jahrestagung.

00:21:05: Er spricht gleich meine Aktivitäten an, damit meint er nicht nur den Männerkrebs Podcast, sondern auch den Online-Männer-Treff gut gegen Kopfkino.

00:21:13: Eine Patientenveranstaltung der Universität Mainz in Kooperation mit fünfzehn Krebsberatungsstellen deutschlandweit, die ich einmal im Monat moderiere.

00:21:23: Ich hatte dazu auf der Tagung einen Fachvortrag gehalten.

00:21:27: Jemand macht dazu, was Männern mit Krebs hilft?

00:21:30: Es gibt ja nicht die Männer.

00:21:32: Das sind ja auch alles eine diverse Population.

00:21:36: Aber bei den Männern ist es so, dass wir uns noch stärker engagieren müssen, um niederschwellige Angebote zu generieren.

00:21:48: bessere Zugangswege für Männer zu gestalten.

00:21:51: Da ist in den letzten Jahren auch durch ihre Aktivitäten natürlich, die wir auch, die uns durchaus auch schon aufgefallen sind in der

00:22:00: Fachwelt,

00:22:01: sehr, sehr viel passiert.

00:22:03: Auch über die Arbeiten von Frau Susanne Singer und in enger Kooperation mit den Krebsberatungsstellen vor allen Dingen.

00:22:11: Da ist schon viel entstanden, aber wir müssen noch besser werden.

00:22:16: der Gestaltung von niederschwelligen Angeboten.

00:22:21: Ich denke da auch an Möglichkeiten der Digitalisierung, die ja auch sehr niederschwellig gestaltet werden können, wo man Männer vielleicht dann auch noch besser ansprechen kann.

00:22:34: Und es ist sehr wichtig, Männer zu ermutigen, offen zu sprechen mit anderen Betroffenen, Männer die Erfahrung machen zu lassen, dass es hilfreich sein kann, wenn man sich den schmerzhaften Themen stellt.

00:22:53: Ihr Spezialgebiet ist, wenn ich es richtig verstanden habe, die Fatigue.

00:22:56: Eines der Spezialgebiete ist die Beschäftigung genau mit Fatigue.

00:23:01: Merken Sie da, dass die Fatigue bei Männern anders wirkt, andere Symptomatik bringt?

00:23:07: Die Datenlage lässt vermuten, dass Fatigue etwas seltener vorkommt bei Männern als bei Frauen.

00:23:14: Es könnte aber auch sein, dass Männer ... einfach ihre Symptomatik nicht so offen schildern.

00:23:20: Insofern ist das eine wichtige Beobachtung, dass fatig dann, glaube ich, bei Männern auch seltener wahrscheinlich erkannt wird.

00:23:31: Aber es ist ein ganz relevantes Problem.

00:23:33: Natürlich als Folge von Erkrankungen, aber auch als Therapiefolge.

00:23:39: Sie haben schon das Symptomatikschild angesprochen, dass es vielleicht bei Männern ist, die Hypothese weniger passiert und dass Männer ... vielleicht noch niedrisch-welligere Angebote brauchen.

00:23:49: Wie könnten wir denn zusätzlich zu den bereits angesprochenen Ideen auch Digitalisierung es noch erreichen, durch Angebotsschärfung Männer eher dazu zu bewegen, sich Hilfe zu holen?

00:23:59: Ich denke, indem man auch mehr männliche Therapeuten auch ausbildet.

00:24:05: Die überwiegende Zahl der Beraterinnen sind Frauen und auch psychologische Psychotherapeutinnen oder auch ärztliche Psychotherapeutinnen, da sind die Frauen auf jeden Fall in der Überzahl, was prinzipiell gut ist.

00:24:24: Aber ich glaube, wir brauchen auch männliche Berater mehr, dass wir einen Punkt und wir müssen mit der Community zusammenarbeiten.

00:24:31: Also engagierte Patienten, vertretene Selbsthilfe.

00:24:37: Das könnte ich mir vorstellen, dass das ein entscheidender Weg ist.

00:24:42: So wie wir es hier beim Kongress auch gemacht haben, dass wir sozusagen auch die betroffenen Perspektive als Beitragende mit einbezogen haben, mit dem Eröffnungsvortrag beispielsweise, aber auch immer wieder im Verlauf auch in wissenschaftlichen Symposiums, dass tatsächlich Betroffene oder auch mitbetroffene Angehörige ihrer Erfahrungen geschildert haben.

00:25:04: Auch mit dem Ziel, dass sie die Informationen an sich weiter tragen, dass es solche Angebote gibt, oder?

00:25:09: Genau, genau.

00:25:10: Und dass Männer, die sich noch nicht geäußert haben, das bei anderen beobachten können.

00:25:17: So eine Art Vorbildfunktion.

00:25:19: Oder ja, mutmachend könnte das sein.

00:25:23: Im Mathematuk sagt, es brauche mehr männliche Therapeuten.

00:25:28: Wenn ich mir die Websites von Krebsberatungsstellen ansiehe, sind auf den Teamsernten meist nur Frauen zu sehen.

00:25:34: Ist das vielleicht mit ein Grund, warum nur etwa ein Viertel der Beratungsgespräche mit betroffenen Männern durchgeführt werden?

00:25:40: Weil Männer nicht so gerne mit weiblichen Psycho-Onkologen entsprechen?

00:25:45: In Freiburg ist das ja anders.

00:25:46: Da ist Karsten der einzige Psycho-Onkologe im Team.

00:25:50: Mich interessiert, ob er einen Unterschied merkt, ob er vielleicht einen höheren Männeranteil in den Beratungsgesprächen hat oder ob die Männer vielleicht anders mit entsprechen, da ihnen ein Mann gegenüber sitzt.

00:26:03: Ich würde behaupten, es sind mehr Männer bei mir als vielleicht bei Frauen, wer weiß.

00:26:09: Aber es geht beim Männern eher um praktische Dinge.

00:26:11: Da geht es um Reha-Antrag, Schwerbehinderung, aber ich sage immer gerne, der Antrag der Schwerbehinderung ist das Tor zu Seele.

00:26:17: Natürlich fühle ich nicht nur fünf Minuten unter den Antrag aus und sag so, komm halt da rüber ins Gespräch.

00:26:22: Und auf einmal sind sie halt doch da und sagen, ja, es ist so schwer geworden mit meiner Frau und so weiter.

00:26:26: Und das muss natürlich feingefühlig irgendwie dann aufgreifen.

00:26:29: Daher... Vordergründig, sozialrichtige Themen, aber dann versuche ich eben auch diesen Raum zu betreten oder reinzugehen, wenn er mich reinlässt, um auch dann solche Themen anzusprechen.

00:26:41: Und manchmal ist die Tür auf, manchmal ist die Tür zu.

00:26:44: Ich will versuchen, mich da reinzufühlen.

00:26:45: Ich will da keine Tür eintreten.

00:26:48: Und wenn halt ein achtzigjähriger Prostatakazinomen-Patient halt nicht mehr darüber sprechen will, weil er anders erzogen ist, ja, dann ist es doch gut.

00:26:55: Dann kann ich so sagen, hey, Herr Müller, dann mach das doch gut.

00:26:58: Machen Sie ihr Leben weiter so, wie es sich gut anfühlt.

00:26:59: Was sollen Sie jetzt noch irgendwie ändern?

00:27:02: Super.

00:27:02: Machen Sie Urlaub, bloß nicht in der Reha.

00:27:04: Wenn Sie das nicht wollen, wozu denn?

00:27:05: Machen Sie lieber einen schönen Urlaub, wie auch immer.

00:27:07: Es geht ja nicht nur um Schwächen zu zeigen, sondern auch, stärken zu stärken.

00:27:11: Wir gucken ja immer, wo ist der blinde Freck?

00:27:13: Als Quatsch.

00:27:14: Einmal zu sagen, hey, Alex, das machst du hervorragend.

00:27:18: Ich war letztens in einem Trauergespräch.

00:27:19: Meine Freundin von mir verstorben ist.

00:27:20: Und ich bin eine ambulante Hospizgruppe.

00:27:22: Und ich wusste, ich mach das schon irgendwie gut.

00:27:25: Aber ich wollte mich einfach noch mal von einem Profi vergewissern.

00:27:27: Ich hab gesagt, ich hab wahnsinnig viel geholt.

00:27:29: Ich hab meine Rituale gemacht.

00:27:31: Ich will nix verpassen an meiner Trauer, bevor ich pathologisch bin.

00:27:34: Und sie meinte, das machst du doch alles gut.

00:27:37: Und ich so, danke, das wollte ich hören.

00:27:39: Und tschüss.

00:27:40: Also super, so kann das doch auch mitgehen.

00:27:42: Du hast jetzt schon praktische Dinge in der Krebsberatung angesprochen.

00:27:48: Welche Dinge gibt's noch, wie die psychonkologische Krebsberatung betroffenen Männern hilft?

00:27:55: Einerseits, wie gesagt, sozialrechtlich, andererseits mit ganz klaren Gesprächen.

00:27:59: Dann ist ja immer der Zugang die Frage.

00:28:01: Also in Deutschland haben wir da auch ein spezielles Programm, glaube ich.

00:28:04: Ich weiß gar nicht, wie es genau heißt, aber in Freiburg zum Beispiel gibt es Wandergruppen.

00:28:08: Da treffen sich die Männer in der Gruppe, geleitet von einem eher sogar Theologen.

00:28:13: der Johannes und dann gehen die halt laufen und wandern und dann vielleicht mit einer Idee oder einen Impuls am Anfang, der die Männer begleitet und sie sind in Bewegung.

00:28:21: Anstatt in einem Beratungssetting, wo sie sich gegenüber sitzen oder im Stuhlkreis.

00:28:26: Also sowas muss man immer kombinieren.

00:28:28: Und ich meine, nachher gehen, glaube ich, gerne laufen, lassen noch ein alkoholfreies Bier dabei sein und schon denken

00:28:32: wir,

00:28:34: Wir machen doch, was wir so normalerweise immer machen, nur halt, dass wir ein bisschen über Krebs quatschen.

00:28:38: Oder vielleicht auch nicht, ist ja auch egal.

00:28:40: Hauptsache, wir spülen diese Gemeinschaft.

00:28:41: Und das meinte ich auch mit Stärken stärken.

00:28:43: Vielleicht geht es bei so einem Treffen nicht darum, zu gucken, wie sehr hat mich der Krebs belastet, sondern zu fühlen, ich bin mehr als die Erkrankung, ich bin mehr als der Patient.

00:28:51: Das kann ja auch super gehen.

00:28:53: Und das ist der Zugang, den müssen wir einfach überdenken.

00:28:57: Ansonsten gibt es künstlerisch-therapeutische Angebote.

00:29:00: Es gibt, wie gesagt, diese Wandergruppe.

00:29:03: viele Möglichkeiten, wo man unterstützen

00:29:05: kann.

00:29:05: Was merkst du, was besonders gut funktioniert oder besonders rege Teilnahme herrscht?

00:29:10: Also bei der Wandergruppe, die Platz aus allen Näden tatsächlich einmal im Monatfreitags.

00:29:14: Ansonsten, ich habe auch bei mir in der normalen Selbsthilfe schon auch Leute, die Männer, die da bei uns sind, vielleicht sogar mehr als im Durchschnitt Männer aufgrund meines Gesichts.

00:29:25: Wir haben selber Bier gebraut bei jungen Krebs.

00:29:27: Man stelle sich vor, es waren mehr Männer als sonst.

00:29:30: Wir machen noch Angebote, die gar nichts mit Krebs zu tun haben, aber trotzdem entsteht dann ja oftmals etwas um die Krankheitsbewältigung.

00:29:36: Das war halt cool, haben wir das dann aufs Leben genannt.

00:29:39: Das Bier, also Flaschengerungen, das war einfach super interessant.

00:29:43: Hauptsache Gemeinschaft, Hauptsache man fühlt sich verbunden und merkt so, ah, die anderen haben vielleicht auch Probleme darüber zu sprechen, also scheiß drauf, quatsch mal über Bier.

00:29:51: Mit ein bisschen Offenheit und Neugier ist es also vielleicht etwas leichter möglich, eine Krise wie Krebs zu bewältigen.

00:29:59: Da wäre offenbar Potenzial zu heben, Fritz Stiefel.

00:30:02: Also ich würde mir wünschen, dass auch Patienten sehr vieles bei den Ärzten, dass sie ab und zu sagen könnten, wie geht es eigentlich ihnen.

00:30:12: Und das würde wahrscheinlich sehr überraschend sein für gewisse Ärzte, aber auch sehr...

00:30:18: Wohltuend.

00:30:19: Also ich glaube, diese Distanz, die zurzeit herrscht, dass man den Arzt nicht wagt, irgendetwas zu fragen, ihn auch anzusprechen als Menschen.

00:30:29: Und ich glaube, das würde so Brücken schlagen, die sehr wohltuend

00:30:32: werden.

00:30:33: Eventuell wäre es sogar für uns im gesamten Hilfreich, Neues zuzulassen.

00:30:38: Also nicht nur zwischen Patienten und Fachpersonal, sondern für die ganze Gesellschaft.

00:30:43: Herr Röchgrube.

00:30:44: Wir

00:30:44: wissen

00:30:45: heute, dass Kunst und Kreativität eine kulturelle Leistung in allen Gesellschaften ist, von denen wir alle profitieren.

00:30:52: Und wir projizieren es aber nicht selten dahin.

00:30:55: Da gibt es eine Elitech, nennt das jetzt mal im Museum, im Konzertraum.

00:30:58: Und die sind dafür zuständig.

00:31:00: Wir wissen aber heute, dass es eben gerade nicht so ist.

00:31:02: Dass wir alle selbst für uns zuständig sind

00:31:04: und diese

00:31:05: Orte nur uns Impulse geben können.

00:31:07: Die Frage ist ja letztlich immer, was macht es mit mir?

00:31:10: Karsten, bitte.

00:31:11: Der Weg führt nur durch.

00:31:13: Das habe ich so gemerkt.

00:31:15: Bei mir ist es eher das Thema Trauer, weniger meine Krankheitsbewältigung.

00:31:17: Das habe ich gut hingekriegt.

00:31:18: Aber ich merke, aufgrund von jungen Krebs und Menschen in meiner Umfeld, die fortgeschritten und erkrankt sind, der Weg führt nur durch.

00:31:27: Wenn wir Dinge wegschieben, ändert es einfach nichts.

00:31:31: Und ich merke, dass Gemeinschaft vor allem in der Trauer auch unfassbar wichtig ist.

00:31:35: Es gibt nichts Schlimmeres, als alleine zu trauern.

00:31:38: Und ich kann euch da draußen wirklich nur ermutigen.

00:31:41: Gib dir mal irgendwie eine Chance.

00:31:42: Hock dich mal hin.

00:31:43: Lass mal alle Rolläden hochziehen und Vorhänge aufmachen und zu gucken.

00:31:50: Okay, lass dich mal berühren.

00:31:53: Und glaub nicht, dass was dir in deiner Kindheit und Jugend vielleicht beigebracht wurde.

00:31:56: Wahrscheinlich haben die Männer dort auch es anders nicht vorgelebt gekriegt.

00:31:59: Aber wir haben die Chance, es einfach anders zu machen.

00:32:02: Und lass uns diese Chance doch irgendwie gemeinsam anpacken und uns in unserer Männlichkeit bestärken.

00:32:08: Und Imad Matuk.

00:32:10: Traut euch.

00:32:12: Traut euch.

00:32:15: So viele kluge Worte, die ich in Würzburg gehört habe.

00:32:19: Das zeigt mir.

00:32:20: Psycho-Onkologie ist kein verstaubtes Therapie-Setting, bei dem die tiefsten Leichen aus der eigenen Persönlichkeit ausgegraben werden.

00:32:27: Nein, es geht wirklich nur darum, was in der Krise einer Krebserkrankung hilft.

00:32:33: Die Psycho-Onkologinnen, die ich auf der Tagung getroffen habe, paren Expertise mit breiter Erfahrung und behalten im Gespräch mit Betroffenen sicher immer die nötige professionelle Einstellung.

00:32:45: Sind aber dennoch alles in allem sehr feinfühlige Menschen, die großen Respekt vor der Lebensrealität von Kripspatienten haben.

00:32:54: Also traut euch diesen Weg durch schwierige Gefühle zu gehen in Gemeinschaft und Offenheit.

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00:33:23: Ich öffne jetzt ein Flaschensekt.

00:33:26: Alles Gute zum ersten Geburtstag, Männerkrebs Podcast.

00:33:34: Die Inhalte dieses Podcasts ersetzen keine ärztliche Beratung oder Behandlung.

00:33:38: Sie geben persönliche Erfahrungen von Betroffenen wieder und sollen zum Nachdenkenanregen Orientierung bieten und Gespräche ermöglichen.

00:33:45: Kläre gesundheitliche Fragen immer mit deinem ärztlichen Team.

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